Architektenrecht: Leistungsverzeichnis des Architekten muss Regeln der Technik einhalten

Ein Architekt, der nur mit der Bauleitung und Mitwirkung an der Vergabe zur Modernisierung einer Wohnanlage beauftragt ist, macht sich schadenersatzpflichtig, wenn er in seinem Leistungsverzeichnis für eine Brandwand statt eines „nicht brennbaren“ Wärmedämmverbundsystems eine nur „schwer entflammbare“ Variante vorsieht. Dies gilt auch, wenn ihm der Auftraggeber keine Planungsunterlagen ausgehändigt hat.

Das hat das Kammergericht (KG) in Berlin klargestellt. Im konkreten Fall wollte ein Bauträger eine Wohnanlage energetisch modernisieren lassen. Der Architekt sollte die Ausführung überwachen und zuvor Angebote einholen und bei der Vergabe mitwirken. Obwohl das Gebäude mit einer Außenwand auf der Grenze zu einem Nachbargrundstück stand, die als Brandwand nur ein nicht brennbares Wärmedämmverbundsystem (WDVS) tragen darf, sah der Architekt im Leistungsverzeichnis nur eine „schwer entflammbare“ Dämmung vor. Nach der Aufbringung bemängelte die Behörde die Ausführung und forderte den Rückbau. Der Bauträger tat wie befohlen und machte beim Architekten Schadenersatz geltend.

Vor dem KG gewann er in allen Bereichen. Der Architekt habe mangelhaft geleistet, indem er mit seinem Leistungsverzeichnis ein nur „schwer entflammbares“ Verbundsystem ausgeschrieben habe. Dass er von seinem Auftraggeber keine Genehmigungsplanungen erhalten hatte, entlastete ihn nicht. Mit Blick auf seinen Auftrag und seine speziellen Kenntnisse hätte der Architekt die richtigen Schlüsse ziehen müssen. Der Bauträger war deshalb über den Schadenersatz so zu stellen, wie wenn der Architekt das WDVS im Leistungsverzeichnis von vornherein als nicht brennbar aufgeführt hätte. Dabei habe er auch Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer, die ihm mit den Kosten der Mangelbeseitigung entstanden sei. Die Umsatzsteuer würde ihm nämlich nicht im Wege des Vorsteuerabzugs erstattet, da seine Umsätze als Bauträger umsatzsteuerfrei seien.

Quelle: KG Berlin, Urteil vom 1.2.2019, 21 U 70/18

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl