Haftungsrecht: Haftungsquoten bei einem Auffahrunfall auf der Skipiste

Bei einem Zusammenstoß zweier Skifahrer gelten ähnliche Anscheinsbeweise wie bei einem Verkehrsunfall. Zu berücksichtigen sind zudem die FIS-Regeln.

Das folgt aus einer Entscheidung des Landgerichts (LG) Köln. Das Gericht hatte über den Zusammenstoß zweier Skifahrer in einem Tiroler Skigebiet zu entscheiden. Der Kläger zog sich dabei eine Unterschenkelfraktur und der Beklagte drei Rippenfrakturen zu. Der Kläger musste von der Bergwacht mit dem Helikopter ins Krankenhaus verbracht werden. Bei beiden Beteiligten wurde zudem die Skiausrüstung beschädigt.

Vor dem LG Köln beanspruchten sie nun Schadenersatz und Schmerzensgeld von dem jeweils anderen. Der Kläger verlangte ein Schmerzensgeld von weiteren 9.000 EUR sowie Schadenersatz für entstandene Kosten und Schäden in Höhe von rund 2.100 EUR. Im Vorfeld hatte die Haftpflichtversicherung des Beklagten bereits 6.000 EUR Schmerzensgeld und einen Teil der Schäden gezahlt. Dabei war sie von einer Haftungsquote von 50 Prozent ausgegangen.

Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte hafte zu 100 Prozent. Dieser habe den Zusammenstoß verursacht, indem er von hinten auf ihn aufgefahren sei. Der Beklagte wiederum bestand auf einem hälftigen Verschulden beider Beteiligten. Er verlangte im Wege der Widerklage selbst ein Schmerzensgeld von 2.500 EUR sowie Ersatz für weitere Schäden im Umfang von rund 500 EUR. Der Unfall sei nämlich durch einen Frontalzusammenstoß zustande gekommen, während beide gleichzeitig – sozusagen nebeneinander – den Pistenabschnitt befahren hätten.

Das LG gab dem Kläger recht und verurteilte den Beklagten zu weiteren 6.000 EUR Schmerzensgeld und rund 2.000 EUR Schadenersatz. Denn gegen den Beklagten sprach ein Anscheinsbeweis, ähnlich wie im Straßenverkehr. Er war „von hinten“ auf den Kläger aufgefahren. Nach der Beweisaufnahme war die Richterin davon überzeugt, dass der Beklagte hinter dem Kläger die Piste befuhr. Nach der für das Skigebiet geltenden FIS-Regel Nr. 3 muss der von hinten kommende Skifahrer seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Kommt es also zum Zusammenstoß, während der Beklagte hinter dem Kläger fährt, spricht dies zunächst dafür, dass der Beklagte gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen hat. Er kann zwar diese Vermutungsregel erschüttern, indem er einen abweichenden Geschehensablauf nachweist. Das ist dem Beklagten in diesem Prozess aber nicht gelungen.

Da auch kein sonstiger Verstoß des Klägers gegen FIS-Regeln erkennbar war, haftet der Beklagte für die dem Kläger entstandenen Schäden vollumfänglich.

Quelle: LG Köln, Urteil vom 15.8.2017, 30 O 53/17

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl