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In Zeiten niedriger Zinsen liebäugeln viele mit dem Erwerb eines eigenen Hauses oder einer eigenen Wohnung. Was aber ist, wenn der Bau nicht rechtzeitig fertiggestellt wird? Mit einem solchen Fall hat sich das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg beschäftigt.

Der Kläger hatte bei einem Unternehmer für 140.000 Euro eine Eigentumswohnung erworben, die sich noch im Bau befand. Im notariellen Kaufvertrag war eine Frist festgehalten, bis zu der das Objekt hergestellt werden sollte. Aber was heißt „Herstellung“? Der Kläger meinte, es müsse das gesamte Objekt inklusive Außenanlagen fertiggestellt sein. Der Beklagte meinte, es reiche aus, wenn der Kläger einziehen könne.

Das OLG betonte, dass es immer auf den individuellen Vertrag ankomme. Im vorliegenden Fall ergab die Vertragsauslegung, dass es bei dem verabredeten Datum auf die Bezugsfertigkeit der Wohnung ankomme und nicht auf die vollständige Fertigstellung des gesamten Objekts. Die Wohnung müsse dazu mit Ausnahme von Mängeln, die nicht die Sicherheit des Wohnens beeinträchtigten, und mit Ausnahme der Außenanlagen fertiggestellt sein. Denn die Vereinbarung einer Frist habe insbesondere den Sinn, dass sich der Bauherr auf einen Einzugstermin einstellen könne.

Der Kläger könne daher Schadenersatz – z. B. Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung oder Fahrtkosten – für die Zeit zwischen dem verabredeten Termin und der Bezugsfertigkeit verlangen. Dafür, dass nach der Bezugsfertigung der Wohnung an dem Gesamtobjekt noch Arbeiten vorzunehmen wären, könne er keinen Schadenersatz verlangen. Er könne aber einen gewissen Betrag wegen der noch offenen Mängel und Restarbeiten zurückbehalten. Im konkreten Fall stehe dem Kläger daher ein sog. Leistungsverweigerungsrecht in Höhe von 10.000 Euro einschließlich eines „Druckzuschlags“ von 5.000 Euro zu. In dieser Höhe müsse er den Kaufpreis noch nicht zahlen, sondern erst nach vollständiger Fertigstellung des Gesamtobjekts.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Quelle: Oberlandesgericht Oldenburg, Urteil vom 21.7.2020, 13 U 28/20

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer mit, dass sich der Baubeginn verzögert, ist dies eine Anordnung. Folge: Sie kann eine Preisanpassung und damit eine Vergütung der Mehrkosten des Auftragnehmers rechtfertigen. So hat es das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschieden.

Häufig kommt es jedoch zu keiner neuen Preisvereinbarung. Auch darauf hat das OLG eine Antwort: Dann ist mittels „ergänzender Vertragsauslegung“ zu ermitteln, was die Parteien nach „Treu und Glauben“ für den von ihnen nicht geregelten Fall vereinbart hätten. Dabei sind die schutzwürdigen Interessen beider Parteien zu berücksichtigen. Die Vergütung für die geänderte Leistung kann also auf Grundlage des geschlossenen Vertrags fortgeschrieben werden.

Quelle: OLG Brandenburg, Urteil vom 25.6.20, 12 U 59/19

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl – Baurecht

Eine Vertragsstrafe kann sich nur auf einen einvernehmlich verschobenen neuen Fertigstellungstermin beziehen, wenn sie ausdrücklich auch für diesen neuen Termin vereinbart worden ist.

So entschied es das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Dabei wiesen die Richter darauf hin, dass zumindest bei der Veränderung der Ausführungsfrist festgelegt worden sein muss, dass im Übrigen die vertraglichen Bestimmungen (insbesondere zur Vertragsstrafe) trotzdem fortgelten sollen. Die Entscheidung beschäftigte sich dann auch noch mit der Höhe der Vertragsstrafe. Dabei kam das OLG zu dem Ergebnis, dass ein einprozentiger Satz pro Kalenderwoche und eine vorgesehene Obergrenze von fünf Prozent der Auftragssumme nicht unangemessen ist.

Quelle: OLG Hamm, Urteil vom 12.7.2017, 12 U 156/16

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Auftragnehmer, der einen Anspruch auf Vergütung oder Erstattung von Mehrkosten wegen einer Bauzeitverlängerung geltend macht, hat im Einzelnen konkret darzulegen, dass die Mehrkosten auf einer vom Auftraggeber zu verantwortenden Bauzeitverlängerung beruhen.

Verlangt der Auftragnehmer eine Entschädigung aus § 642 BGB, muss er die Verletzung einer dem Auftraggeber obliegenden Mitwirkungspflicht, den Annahmeverzug und dessen Dauer sowie die Grundlagen der Entschädigung, die aus der dem Vertrag zugrunde liegenden Vergütungsvereinbarung abzuleiten sind, darlegen und beweisen.

Teilt der Auftraggeber dem Auftragnehmer mit, dass bestimmte Leistungen nicht mehr erbracht werden sollen, liegt eine „freie“ Teilkündigung vor. Dem Auftragnehmer steht somit die für diese (Teil-)Leistungen vereinbarte Vergütung (abzüglich ersparter Aufwendungen) zu.

Quelle:  OLG Brandenburg, Urteil vom 18.2.2016, 12 U 222/14

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Organization.The Dude leaning nst file cabinet.Holding file.Der Auftragnehmer kann der werkvertraglichen Verpflichtung zur Vorlage von Rapporten bzw. Stundenzetteln auch noch mit der Erteilung der Schlussrechnung Genüge tun, soweit darin die erforderlichen Angaben enthalten sind bzw. nachgeholt werden.

Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einem Rechtsstreit um die Bezahlung für Stundenlohnarbeiten, für die kein Stundenzettel vorgelegt worden war. Die unterbliebene Vorlage der vertraglich vereinbarten Rapporte führe nach Ansicht der Richter ebenso wenig wie die unterbliebene Vorlage von Stundenzetteln ohne Weiteres zum Verlust des Werklohnanspruchs. Um seinen Vergütungsanspruch zu rechtfertigen, müsse der Auftragnehmer jedoch nachträglich alle notwendigen Angaben machen, die in den Rapporten bzw. Stundenzetteln hätten enthalten sein müssen (OLG Düsseldorf, 22 U 161/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

3D plan drawingWeist ein Raum an der Außenwand Feuchtigkeitsflecken auf, die auf einen Baumangel zurückzuführen sind und mit einer Durchfeuchtung des Mauerwerks einhergehen, besteht ein gravierender funktionaler Mangel. Dieser ist nicht lediglich unerheblich und berechtigt daher auch zum Rücktritt vom Vertrag.

Das gelte nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm unabhängig davon, ob mit der Nutzung des Raums konkrete Gesundheitsgefahren (etwa infolge von Schimmelpilzbefall) verbunden sind. Die Richter machten deutlich, dass die Ausübung des Rücktrittsrechts bzw. das Festhalten hieran nicht deshalb treuwidrig sei, weil der Verkäufer kurz zuvor – wenn auch nach Fristablauf – Mängelbeseitigungsmaßnahmen angekündigt habe. Der Käufer sei nach Fristablauf nicht mehr verpflichtet, das Angebot des Verkäufers zur Mängelbeseitigung anzunehmen. Die Frist zur Nacherfüllung solle dem Schuldner lediglich eine letzte Gelegenheit bieten, die geschuldete Leistung zu erbringen. Sie brauche daher nicht so bemessen zu werden, dass der Schuldner die noch nicht begonnene Leistung erst noch vorbereiten und fertigstellen könne (OLG Hamm, 21 U 35/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Eine vom Auftraggeber in einem Bauvertrag gestellte AGB, mit der die Verjährungsfrist für den Werklohnanspruch des Auftragnehmers auf zwei Jahre abgekürzt wird, ist unwirksam, weil sie den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer solchen Verkürzung einen Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild der regelmäßigen gesetzlichen Verjährungsfrist gesehen. Diese beträgt drei Jahre. Die Richter konnten auch keine Interessen des Auftraggebers erkennen, die eine derartige Verkürzung rechtfertigen könnten (BGH, VII ZR 15/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Der Auftraggeber kann sich nicht auf die fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung berufen, wenn er diesbezügliche Einwendungen nicht binnen der zweimonatigen Prüfungsfrist nach der VOB/B erhoben hat.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hin. Die Richter machten deutlich, dass die Prüfbarkeit nur ausreichend beanstandet worden sei, wenn der Auftraggeber hinreichend deutlich mache, dass er nicht bereit sei, in die sachliche Auseinandersetzung einzutreten, solange er keine prüfbare Rechnung erhalten habe. Vorliegend hätten die Parteien eine förmliche Abnahme vereinbart gehabt. In diesem Fall könne ohne das Vorliegen weiterer Umstände nicht davon ausgegangen werden, dass der Auftraggeber vom Erfordernis einer förmlichen Abnahme Abstand nehmen wolle, wenn er vor der Abnahme gravierende Mängel gerügt hat (OLG Brandenburg, 4 U 7/10).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Bei einem Bauvertrag wird die Bürgschaft für die Hauptverbindlichkeit eines bestimmten Dritten erteilt. Die Bürgschaft sichert daher grundsätzlich nur Verbindlichkeiten bestimmter Personen.

Hierauf wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in einem entsprechenden Rechtsstreit hin. Die Richter machten deutlich, dass daher eine Haftung aus der Bürgschaft grundsätzlich ausgeschlossen sei, wenn ein anderer an die Stelle des ursprünglichen Hauptschuldners trete.

Hinweis: Eine solche Fallgestaltung ist oft anzutreffen, wenn ein Bauunternehmer mit anderen eine ARGE eingeht. Die ihn betreffende Bürgenhaftung wirkt dann nicht auf die ARGE fort (OLG Frankfurt a.M., 19 U 79/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl