Bauordnungsrecht: Keine Wohnbebauung auf Gelände eines ehemaligen jüdischen Friedhofs

HausDer Normenkontrollantrag eines Grundstückseigentümers gegen einen Bebauungsplan, der sein auf dem Gelände eines ehemaligen jüdischen Friedhofs gelegenes Grundstück als “öffentliche Grünfläche, Zweckbestimmung Friedhof” ausweist, hat keinen Erfolg.

Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz. Der ursprüngliche Bebauungsplan sah für das Grundstück des Antragstellers die Möglichkeit einer Bebauung vor. Im Jahr 2011 wurde dem Ortsgemeinderat bekannt, dass im Bereich dieses Grundstücks etwa im Jahr 1690 ein jüdischer Friedhof angelegt worden war, der im Jahr 1840 geschlossen und in der NS-Zeit zerstört und abgeräumt worden war. Nach einer Gesprächsrunde bei der Ortsgemeinde im August 2011, an der unter anderem Vertreter der jüdischen Gemeinde, Rabbiner und der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers teilnahmen, wurde der Bebauungsplan geändert und das Grundstück des Antragstellers als “öffentliche Grünfläche, Zweckbestimmung Friedhof” ausgewiesen. Dabei ließ sich der Gemeinderat von der Erwägung leiten, es erscheine unvertretbar, das private Interesse des bauwilligen Grundstückseigentümers höher zu gewichten und eine Grabstätte einer Bebauung zuzuführen, womit die im jüdischen Glauben verankerte ewige Totenruhe gestört würde. Mit dem Normenkontrollantrag gegen den geänderten Bebauungsplan macht der betroffene Grundstückseigentümer geltend, die jüdische Gemeinde sei nicht dazu befragt worden, ob nach ihrer Auffassung tatsächlich die ewige Totenruhe gestört werde, ob ein bereits stillgelegtes Grab verlegt werden könne und ob eine vergleichsweise Lösung des Inhalts möglich sei, dass ein Gebäude errichtet werden könne, das Erdreich jedoch unangetastet bleibe.

Das OVG lehnte den Normenkontrollantrag ab. Er sei wegen Verwirkung seines Antragsrechts bereits unzulässig. Der Antragsteller stelle sich zu seinem eigenen früheren Verhalten in einen mit Treu und Glauben unvereinbaren Widerspruch. Ausweislich des Protokolls über das Gespräch bei der Ortsgemeinde im August 2011 habe der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers ausdrücklich seine Zustimmung für die Einrichtung eines jüdischen Friedhofs auf seinem Grundstück erklärt. Außerdem sei mit seinem Einverständnis die Ortsgemeinde gebeten worden, den Bebauungsplan dahingehend zu ändern, dass die fragliche Fläche künftig nicht mehr als Bauland, sondern als jüdischer Friedhof ausgewiesen werde. Danach habe der Antragsteller sein Einverständnis mit eben der Regelung erklärt, die er nunmehr mit dem Normenkontrollantrag angreife.

Der Normenkontrollantrag sei aber auch in der Sache unbegründet. Die Ortsgemeinde habe das Gewicht und die Bedeutung des im jüdischen Glauben verankerten Grundsatzes der ewigen Totenruhe zutreffend ermittelt und bewertet. Da der objektive Gehalt und das Gewicht der Totenruhe im jüdischen Glauben nicht von der planenden Gemeinde selbst festgestellt werden könne, müsse sie dazu die Stellungnahme der zuständigen Religionsgemeinschaft einholen. Dies sei hier geschehen, indem die Erfordernisse der Totenruhe im Rahmen eines Gesprächs mit Vertretern der jüdischen Gemeinde und Rabbinern ermittelt und in einem Ergebnisprotokoll festgehalten worden seien. Die festgestellten Erfordernisse seien in aller Regel von der planenden Gemeinde zu akzeptieren. Die Rabbiner hätten bei dem Gespräch auch die Frage, ob der Totenruhe hier dadurch Rechnung getragen werden könne, dass eine Überbauung ohne Erdarbeiten durchgeführt werde, erörtert und verneint (OVG Rheinland-Pfalz, 1 C 10846/13.OVG).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

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