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ParagraphÜbergewicht ist grundsätzlich keine Behinderung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG), sodass eine Entschädigung nach dem AGG aus diesem Aspekt ausscheidet.

Diese Klarstellung traf das Arbeitsgericht Darmstadt im Fall einer 42-jährigen Bewerberin, die sich bei dem Verein „Borreliose und FSME Bund Deutschland“ um eine Stelle als Geschäftsführerin beworben hatte. Die Bewerberin hat die Kleidergröße 42 und wiegt nach eigenen Angaben 83 Kilo bei 1,70 Meter Körpergröße. Nach dem ersten Vorstellungsgespräch meldete sich der Verein schriftlich bei der Bewerberin und fragte an, was dazu geführt habe, dass sie kein Normalgewicht habe. Mit ihrem derzeitigen Gewicht sei sie „kein vorzeigbares Beispiel und würde die Empfehlungen des Vereins für Ernährung und Sport konterkarieren“. Daraufhin klagte die Bewerberin auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 30.000 EUR. Sie sei wegen ihres Übergewichts und damit wegen einer vom Verein angenommenen Behinderung im Sinne des AGG benachteiligt worden. Auch sei ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt. Der beklagte Verein hält dem entgegen, die Bewerberin sei nicht wegen ihres Gewichts nicht eingestellt worden. Vielmehr sei sie ohne Angabe von Gründen zum zweiten Vorstellungsgespräch nicht erschienen.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, weil aus seiner Sicht keine Diskriminierung vorlag. Denn die Bewerberin sei weder behindert noch so übergewichtig gewesen, dass eine Behinderung hätte in Betracht gezogen werden können. Nach Ansicht des Gerichts gab es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung angenommen habe, dass bei der Bewerberin eine Behinderung im Sinne des AGG vorliege. Auch eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei nicht gegeben. Zum einen habe der Verein die Bewerberin zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Dies zeige, dass kein fester Entschluss bestanden habe, die Bewerberin wegen ihres (tatsächlichen oder vermeintlichen) Übergewichts nicht einzustellen. Zum anderen seien Arbeitgeber nicht verpflichtet, bei Einstellungen das äußere Erscheinungsbild unberücksichtigt zu lassen. Der Arbeitgeber müsse beachten, ob die Bewerberin, aufgrund ihrer Gesamtpersönlichkeit und Erscheinung bereit und in der Lage ist, die Anliegen des Vereins, namentlich dessen Empfehlungen für ein gesundheitsbewusstes Verhalten, überzeugend zu vertreten. Es bestehe auch kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen der Äußerungen des Vereins über das Erscheinungsbild der Bewerberin. Ein ausreichend schwerer Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht liege nicht vor (Arbeitsgericht Darmstadt, 6 Ca 22/13).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Business - VorstellungsgesprächEs ist nicht statthaft, die Bewerbung von Männern ausnahmslos auszuschließen.

Diese Entscheidung traf das Arbeitsgericht Berlin in einem Rechtsstreit, in dem ein Bewerber den Arbeitgeber nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch genommen hatte. Der Arbeitgeber finanzierte Volontariatsstellen bei einer Tageszeitung. Er schrieb eine dieser Stellen ausschließlich für eine Frau mit Migrationshintergrund aus und lehnte die Bewerbung von Männern – unter ihnen die des Bewerbers – von vornherein ab. Der Arbeitgeber hielt die Benachteiligung von Männern für gerechtfertigt. Sie sei erforderlich, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen im Journalismus zu erhöhen. Das Arbeitsgericht Berlin hat den Arbeitgeber jedoch zur Zahlung einer Entschädigung von drei Monatsgehältern verurteilt. Er habe den Bewerber bei der Besetzung der Stelle wegen seines Geschlechts in unzulässiger Weise benachteiligt. Die Maßnahme könne nicht geeignet sein, den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, weil es lediglich um die Besetzung einer Volontariatsstelle gehe. (Arbeitsgericht Berlin, 42 Ca 1530/14).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Es kann dahinstehen, ob jemand eine Wohnung nicht vermietet bekam, weil er Gewerkschaftsangehöriger ist.

So entschied das Amtsgericht (AG) München im Streit zwischen potenziellem Mieter und Vermieter. Der Bewerber um eine Wohnung hatte letztlich eine Absage vom Vermieter bekommen. Daraufhin hatte er ihn auf Schadenersatz verklagt und sich auf einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) berufen. Er habe die Wohnung nur deshalb nicht bekommen, weil seine Frau in der Gewerkschaft sei. Das Gericht hielt dieses Argument jedoch für irrelevant. Verboten seien nach dem AGG Benachteiligungen aus Gründen der Weltanschauung. Die Gewerkschaftszugehörigkeit betreffe nur einen Teilaspekt des Lebens und sei insofern keine Weltanschauung. Es bestehe daher kein Schadenersatzanspruch (AG München, 423 C 14869/12).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Ein Arbeitgeber darf bei der Vergabe von Stellplätzen auf einem Firmenparkplatz das Kriterium „Frauen vor Männer“ berücksichtigen.

Das ist das Ergebnis eines Parkplatzstreits vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz. Geklagt hatte der Mitarbeiter eines großen Klinikums. Wegen einer Gehbehinderung verlangte er einen Parkplatz direkt am Klinikgebäude. Sein bisheriger Parkplatz lag 500 m entfernt. Der Arbeitgeber berücksichtigt bei der Zuteilung der gebäudenahen Plätze mehrere Kriterien: Dienstbeginn bzw. Dienstende, Frauen vor Männern, Beschäftigungsdauer und Alter. Nach diesen Kriterien könne dem Mitarbeiter derzeit kein Platz zugewiesen werden. Der Mitarbeiter hielt die Kriterien für eine unzulässige Diskriminierung.

Das sah das LAG jedoch anders. Die Richter wiesen darauf hin, dass auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) Differenzierungen aufgrund des Geschlechts erlaube, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorliege. Das sei vorliegend der Fall. Frauen zu bevorzugen sei gerechtfertigt, da diese häufiger Opfer von gewaltsamen (sexuellen) Übergriffen würden. Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts sei daher gerechtfertigt. So könne dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit von Frauen Rechnung getragen werden. Maßnahmen dieser Art – wie etwa die Bereithaltung von Frauenparkplätzen – seien sozial erwünscht und gesellschaftlich weithin akzeptiert. Es sei deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber Frauen bei der Vergabe von Parkplätzen in unmittelbarer Kliniknähe bevorzuge (LAG Rheinland-Pfalz, 10 Sa 314/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl

Aus einer falschen Anrede in der Ablehnung einer Bewerbung kann keine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft hergeleitet werden.

Aus diesem Grund wies das Arbeitsgericht Düsseldorf die Entschädigungsklage einer Frau ab. Diese hatte sich erfolglos um die Stelle als lebensmitteltechnische Assistentin beworben. In dem Ablehnungsschreiben wurde sie unzutreffend mit „Sehr geehrter Herr“ angeredet. Sie ist der Ansicht, aus dieser Anrede ergebe sich, dass sie wegen ihres Migrationshintergrunds nicht eingestellt worden sei. Aus ihrer mit Foto eingereichten Bewerbung gehe eindeutig hervor, dass sie weiblich sei. Dies belege, dass man ihre Bewerbung offensichtlich keines Blickes gewürdigt und diese wegen ihres bereits aus dem Namen sich ergebenden Migrationshintergrunds aussortiert habe. Mit der Klage hat sie eine Entschädigung in Höhe von 5.000 EUR verlangt.

Das Arbeitsgericht erläuterte, dass ein Entschädigungsanspruch nach dem AGG voraussetze, dass die Bewerberin wegen eines der dort genannten Merkmale wie der Rasse oder ethnischen Herkunft benachteiligt worden sei. Dabei genüge es, dass sie Tatsachen vortrage, aus denen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung ergebe. Dann müsse der Arbeitgeber nachweisen, dass keine Benachteiligung vorliege. Vorliegend reiche der Vortrag der Frau für eine solche Beweislastverlagerung aber nicht aus. Die Verwechslung in der Anrede lasse keine Benachteiligung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft vermuten. Es sei genauso wahrscheinlich, wenn nicht sogar näherliegend, dass der falschen Anrede in dem Ablehnungsschreiben ein schlichter Fehler bei der Bearbeitung dieses Schreibens zugrunde liege (Arbeitsgericht Düsseldorf, 14 Ca 908/11).

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Ralf Herren aus 50321 Brühl